Farben im Scharffeuer

Die wiedergefundene Kunst der Unterglasurmalerei in Eisenberg

Glücksmoment

Im Mai 2025 glückte dem Eisenberger ART DECO-Projekt ein spektakulärer Fund:

 

Eine Vase der Porzellanfabrik Wilhelm Jäger aus der Zeit des Jugendstil wurde von einem Online-Händler angeboten.
Das Besondere daran:
Jahrelang war diese Vase nur von einer Reklamekarte der Firma her bekannt. Es war unter den Kennern der Eisenberger Porzellanproduktion sogar strittig, ob sie überhaupt existiert hatte.

 

Denn die Technik, in der sie bemalt wurde, war und ist kompliziert und so gar nicht das, wofür die Eisenberger Geschirr-Fabrikanten sonst standen. Im Mai 2025 jedoch stand der Beweis auf dem Tisch:

Eine Vase von "Wilhelm Jäger" in "polychromer Unterglasur".

 

 

Objektdaten:

Material: Porzellan

Maße: 24 cm hoch und 11 cm im Maximaldurchmesser

Marke/Firma: Wilhelm Jäger - Eisenberg Sachs.-Altenbg.

Technik: polychrome Unterglasurmalerei

Fertigung: ca. 1912/13 in Eisenberg

 


poly... was?

"Polychrome Unterglasur" bezeichnet eine Mal- und Brenntechnik, bei der die Farben unter der Glasur (und nicht darauf, wie sonst üblich) aufgemalt werden.

 

Das bedeutet vor allem: Diese Farben müssen anschließend mit in den heißen Glasurbrand. Er wird auch Scharffeuerbrand genannt, denn hier werden Temperaturen bis 1410 Grad Celsius erreicht.

 

Diese Temperaturen überstehen nur sehr wenige, spezielle Farben. Ihr Spektrum ist begrenzt und umfasst vor allem Blau- und Grün-Töne. Obwohl sie größte Hitze ertragen und daher "Scharffeuerfarben" heißen, ist ihre Wirkung stets kühl.


Reklamekarte der Firma Wilhelm Jäger ca. 1912/13. Im oberen Drittel werden rechts und links zwei Vasen in "polychromer Unterglasur" gezeigt. Die goldenen Ränder wurden anschließend in einem weiteren, weniger heißen Brand auf der Glasur aufgebracht. In der Mitte zu sehen: eine große Porzellanplatte, ebenfalls in Unterglasurtechnik gestaltet.


Die Scharffeuerfarben

Kobaltblau

... ist die älteste bekannte Unterglasurfarbe. Sie kennt fast jeder, denn sie wurde für zum Beispiel für das bekannte Zwiebelmuster und das Strohmuster verwendet.


Kupfergrün und Chromgrün

... sind die beiden Farbtöne, die nach Blau am häufigsten Verwendung fanden. Viele Porzellanhersteller markten ihre Stücke auch in grüner Unterglasur.


Manganviolett

... wurde genutzt in dunkler Variante, da es rötliche Effekte ermöglichte und in blasser, aufgespühter Form zum Beispiel für rosafarbene Hintergründe/Himmel.

Antimongelb

... ist ein bleihaltiger Farbstoff, der bereits Ende des 17. Jahrhunderts bekannt war.

 


Manganbraun

... ist ein gedeckter Braunton, der von dem malern genutzt wurde, um Tierdarstellungen umzusetzen: für Fell oder Federkleid war Manganbraun unersetzlich.


Eisenrot und Schwarz

... wurden weniger angewendet als andere Farbtöne. Eisenrot ergibt einen Orangeton; schwarz benötigte man zum Beispiel für die Darstellung von Augen.

 


Alle Scharffeuerfarben sind Metalloxide. Sie werden auf den noch porösen Scherben aufgetragen und verblassen dabei sofort. Ihre endgültige Farbwirkung entfalten sie erst nach dem Scharffeuerbrand.


Warum wurde überhaupt Unterglasur gefertigt?

 

Die Technik der polychromen Unterglasurmalerei wurde seit dem späten 19. Jahrhundert vor allem von Dänemark aus etabliert. Die Königliche Porzellanfabrik Kopenhagen und die Firma Bing & Grøndahl lösten mit ihrer bildhaften Bemalung eine neue Mode in der Porzellangestaltung aus, die europaweit Nachahmer fand. Auch die Eisenberger Firma Wilhelm Jäger warb ab 1911 mit ihrer Porzellanfertigung 

"nach Kopenhagener Art".

 

Bis heute besticht die Technik durch ihre kühle Ästhetik und ist immer wieder Gegenstand von faszinierenden Ausstellungen, z.B.:

2012/22 Kunstmuseum Den Haag

Gesucht!

Nachdem im Mai 2025 nach langer Suche ein Vase aus Eisenberger Fertigung auftauchte, suchen wir nun nach ihrer linken Schwestervase, ebenfalls mit Auerhahn (nach rechts blickend) sowie nach der großen Porzellanplatte mit Jagdmotiv, die ebenfalls zum Ensemble gehörte.

 

Alle drei Stücke gemeinsam (siehe Abbildung Karte oben) waren einst gedacht als Ausstattungsstücke für ein Herrenzimmer.

 

Natürlich sind auch weitere Funde aus dem Hause Wilhelm Jäger willkommen.


Mitmachen ist ganz leicht:

Einfach bei Onlinebörsen, Auktionen, Museumsbesuchen oder auf dem Trödelmarkt die Augen aufhalten:

 

Vielleicht entdecken Sie ein Stück der Eisenberger Porzellangeschichte und können dazu beitragen, dass die große Kunstfertigkeit der Eisenberger Porzelliner für künftige Generationen erhalten wird.

Wir freuen uns über alle Hinweise.

 

Dankeschön schon mal an alle,
die mitsuchen!

Download
Plakat-Suche_Wilhelm_Jäger.pdf
Adobe Acrobat Dokument 668.8 KB